Pause
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AGITATION FREE - Portrait einer Band

Die Band macht Pause

· Das Jahr 1974 / 75

Nachdem Agitation Free im Streit um die Richtung, in die zu gehen sei, nun kurz vor der Auflösung stand, wollten wir zwei Sturköpfe Gustl und ich dann doch nicht aufgeben. Zunächst einmal konnten wir Lüül davon überzeugen, doch wenigstens temporär weiter mit uns zu arbeiten. Mit Harald Großkopf und Manfred Opitz fanden wir erst einmal Ersatz für Burghard und Höni. Als neues Instrument stieß Klaus Henrichs (Sax) von Os Mundi zu uns. Zunächst war also eine Neue, aber instabile Formation gefunden. In Udo Arndt von der Berliner Band Os Mundi, späterer Mitproduzent von Nina Hagen und Nena, mit dem ich in einer Wohngemeinschaft in der Berliner Bayernallee wohnte, hatten wir einen Verbündeten, denn der machte gerade eine Art Praktikum im Tonstudio des Evangelischen Rundfunkdienstes und lud uns permanent zu Aufnahmen ein, denn er mußte üben mit seinen Geräten umzugehen.


Udo Arndt im ERD-Tonstudio
Foto von Robert von Ravenstein

Leider ergab es sich, das ausgerechnet Lüül zu diesen Terminen immer in Frankreich weilte. So gibt es in dieser Formation keine Aufnahme mit ihm, wohl aber Photos. Gustl und ich machten aus der Not eine Tugend.


Die Formation 1974 / 75, hier leider ohne Gustl
Foto von Robert von Ravenstein

Musikalische Ausflüge in andere Welten haben bei Agitation Free Tradition. Das Zusammenspiel mit vielen anderen Musikern war Programm. So gab es zu allen Zeiten des Bestehens der Band Projekte z. B. im Bereich der E-Musik. Die, die in den Bereich des Jazzrock oder des Politrock gingen sind aber derzeit nie veröffentlicht worden, weil unsere damalige Plattenfirma eine Veröffentlichung ablehnte. Nichts desto Trotz haben wir viele solcher Projekte durchgeführt. Also sammelten wir wie gewohnt andere befreundete Musiker als Gäste und versuchten uns in anderen musikalischen Welten.

Etliche Stücke sind aus dieser Zeit erhalten geblieben, aber erst 1999 veröffentlicht worden, Zeugen einer spaßigen Zeit mit unseren Freunden:

Manfred Opitz, damals Keyborder der Band Metropolis
Klaus Henrichs, damals Saxophonist bei Os Mundi
Harald Großkopf, ehemals Drummer der Band Wallenstein
Constantin "Bommi" Bommarius, damals Drummer bei Karthago
Lou Blackburn, mitlerweile verstorben, ehemals Posaunist bei Duke Ellington und Leiter der Band Mombasa
Christian "Bino" Brero, Kontrabassist beim Radio-Symphonie-Orchester Berlin, als Pianist
Bernd Gruber, Kirchen- und Jazzmusiker
Jochen Bauer, Jazzrock-Drummer in vielen Berliner Formationen

Voller Stolz und Überzeugung präsentierten wir dann die Ergebnisse aus dem ERD-Tonstudio unserer Plattenfirma und begehrten Veröffentlichung. Es folgte eine herbe Enttäuschung! Man erklärte uns, das Ganze wäre zu kommerziell, nicht verkaufbar usw. Also versuchten wir einen Umweg, wir schickten Hartmut Geerken vom Goethe-Institut, den wir damals in Kairo kennengelernt hatten ein Band nach Kabul, Afghanistan, wo dieser derzeit Leiter des örtlichen Goethe-Institutes war, in der Hoffnung, er würde uns eine Tournee ermöglichen und dann würde, wie damals, unsere Plattenfirma Music Factory / Phonogram mitziehen und ein neues Album veröffentlichen.

Auch das war ein Trugschluß, als Antwort erhielten wir ähnliche Kommentare wie von unserer Plattenfirma und zudem den demütigenden Vorschlag uns ein Engagement im Hilton Hotel Kabul eventuell vermitteln zu können. Nun war es soweit gekommen, daß uns anscheinend niemand mehr verstand, obgleich wir uns mit viel konkreteren musikalischen Strukturen als vorher beschäftigten und diese mehr körperbetonte Seite von uns trotzdem auf die alte Art und Weise von Agitation Free verarbeiteten. - Die Ignoranten bekamen einfach nicht mit, daß wir nicht wie Klaus Doldinger spielten sondern auf unsere erprobte, eigene Weise.

Pessimismus machte sich breit und wir beschlossen dann doch unter anderem Namen (Lagoona) und in neuer Formation, unser Glück zu versuchen, also einen richtigen Neuanfang zu wagen. Lüül war inzwischen mehr in Frankreich als in Berlin und somit war das Kapitel Agitation Free anscheinend abgeschlossen. Lagoona hat dann auch nur eine einzige Tournee durch Dänemark gemacht, aber Plattenverträge, geschweige denn Aufnahmen zur Veröffentlichung waren uns nicht beschieden.

Keiner von uns ahnte damals, was noch passieren würde.

Der Mißerfolg saß allen in den Knochen und so wurden Agitation Free und Lagoona Ende 1975 zunächst zu Grabe getragen. Alle Bandmitglieder gingen ihrer Wege und ich begann aus Geldnot, die verbliebenen Technischen Geräte zu vermieten. Das führte mich mit der Nina Hagen Band und Jim Rakete zusammen, ohne zu ahnen, daß 23 Jahre später der Gitarrist von Nina Hagen und Spliff Agitation Free wieder zum Leben erwecken würde.

Ausserdem gab es während der nächsten Jahre zwischen 1975 und 1999 einige Ereignisse, die zumindest den Namen der Band in Erinnerung hielten. Was das dann letztendlich bedeuten würde war keinem von uns klar.

[Biographie]

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